Erste skizze für

Reimer Gronemeyer / Matthias Rompel ". believe me I could do well with no more sad stories." Stimmen von AIDS-Aktivisten aus Katutura Auf dem afrikanischen Kontinent sterben jeden Tag 6.320 Menschen an AIDS (UNAIDS 2002b). Das Südliche Afrika ist am heftigsten von der Immunschwächekrankheit betroffen. In Namibia sind nahezu 23% der erwachsenen Bevölkerung (das heißt der 15-49jährigen) mit dem AIDS auslösenden HI-Virus Keine Frage, daß die Folgen immens und alle gesellschaftlichen Bereiche tangiert sind (vgl. Phororo 2002), so dass jeder Namibier in der einen oder anderen Weise betroffen ist.– Stimmt das wirklich? Betrachtet man die öffentliche Rede rund um HIV und AIDS, so kann man den Eindruck gewinnen, daß dies eben nicht der Fall ist. In den Alltagsdiskursen ist das offene Sprechen über AIDS tabuisiert. Es gibt eine allgemeine Ebene, auf der man mit fast jedermann über HIV und AIDS ins Gespräch kommen kann - aber eben zunächst nur eine allgemeine: 'Ja, das es sei schon eine schreckliche Sache . der Nachbar sei ja auch vor kurzem an AIDS gestorben.' Wenn man aber versucht, auf persönliche Erfahrungen und Betroffenheiten zu sprechen zu kommen, wird es stiller: 'Man selbst habe damit natürlich nichts zu tun und auch in der eigenen Familie sei HIV oder AIDS noch nie vorgekommen.' AIDS, so scheint es, haben immer nur die anderen. Das Tabu, offen über die Krankheit zu sprechen, reflektiert sich auch in den Bezeichnungen von AIDS. Von "the disease", "the modern disease" ("omukithi gwonena" in Oshivambo, der Sprache der größten ethnischen Gruppe in 1 Erschienen in:
Henning Melber (Hg.): Namibia - Grenzen nachkolonialer Emanzipation. Frankfurt 2003; S. 159-171.
Namibia) oder "the four-letter-illness" ist oft die Rede, selten nur fallen die Abkürzungen HIV oder AIDS direkt und nicht hinter vorgehaltener Hand. Dieses Tabu, über HIV und AIDS zu sprechen, verschränkt sich mit einer Stigmatisierung von Betroffenen. HIV-Infizierte und deren Familien wissen von den Reaktionen der Nachbarn zu berichten: "No, no, no, don’t go there those people, they Aber selbst innerhalb von Familien läßt sich eine Marginalisierung und die soziale Exklusion der Betroffenen Familienmitglieder beobachten. So werden Angehörige der eigenen Familie von ihren Verwandten schlecht behandelt, ausgestoßen und vertrieben. Ein HIV-Infizierter erzählt: "You are seen as a half death person, you know. My father said: 'No, it is not a good thing to waste my money on you, because you are just a person to die tomorrow. I thought you were supposed to study and after that you will assist us, but now we are wasting our money and now you are just a nn sich vorstellen, daß die Angst vor dieser sozialen Ausgrenzung ein massiver Faktor ist, der die Mauer des Schweigens aufrechterhält. Betrachtet man den medialen Diskurs (vgl. Rompel 2001 und 2002b), beispielsweise im "Namibian" - der auflagestärksten Tageszeitung in Namibia daß auch die Berichterstattung dem gleichen Muster folgt, wie die Alltagsrede. Nahezu alle Artikel sind nach dem gleichen Schema aufgebaut. Nach einer Darstellung der dramatisch hohen HIV-Prävalenzraten (hergeleitet von einer Vielzahl nationaler und internationaler Studien) findet die Beschwörung der Notwendigkeit von Prävention statt. Persönlich gefärbte Berichte oder die Darstellung von konkreten Fällen und Schicksalen bleiben dagegen selten. Die mediale Berichterstattung bleibt in weiten Teilen auf abstrakte Feststellungen über die Ausmaße der AIDS-Epidemie beschränkt.
Die Berichte in den Medien scheinen also dem Motiv der Alltagsdiskurse, AIDS als 2 Die Autoren haben im Rahmen eines von der DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) finanzierten Projektszu den sozialen Folgen von AIDS in Namibia rund 150 qualitative Interviews mit Betroffenen und Infiziertengeführt. Dieses Zitat bezieht sich auf Interview NAM/I/20(2000). Aus Gründen der Authentizität haben wir diewörtliche Widergabe im englischen Original beibehalten.
4 Der Namibian ist die einzige Tageszeitung, die einen Teil ihrer Ausgabe in einer afrikanischen Lokalsprache(Oshiwambo) veröffentlicht und damit auch eine Verbreitung in den bevölkerungsreichen ländlichen RegionenNordnamibias verzeichnen kann.
eine „Krankheit der anderen“ zu verstehen und zu thematisieren, zu folgen. So bleibt das Geschehen um AIDS auf eine seltsame Weise erfahrungs- und gesichtslos. Es wird beim Leser geradezu der Anschein erweckt, als existiere die Immunschwächekrankheit nur in Statistiken und Surveys, habe aber mit dem wahren Leben kaum etwas zu tun.
Selbst die Präventionskampagnen scheinen von den gleichen Mustern geprägt.
Mittlerweile ist der öffentliche Raum - zumindest der namibischen Städte - stark von HIV-Präventionsbotschaften dominiert. So gibt es Plakatwände ("ABC - Abstain, Be Faithful, Condomise"), Werbespots und Anzeigen (v.a. der "Take Control" - Namibian HIV/AIDS Media Campaign), und Flyer, auf denen für Prävention geworben wird.
Diese Präventionswerbung ist aber vollkommen auf die technischen Aspekte der Infektionsverhütung reduziert und blendet alle kommunikativen und sozialen Bezüge aus. Die Tatsache, daß Geschlechtsverkehr aber eben kein ausschließlich technischer Vorgang ist, sondern in ganz reale Beziehungen, soziale Bezüge und Machtverhältnisse eingebunden ist, wird vollkommen vernachlässigt.
Auch in der politischen Sphäre setzt sich die unpersönliche, allgemeine Rede fort. Von AIDS ist unablässig die Rede und kommt doch kaum vor. Die Wichtigkeit des Themas wird bei unzähligen Festivitäten, Reden und Eröffnungen unterstrichen und doch ist damit nichts gesagt. Es ist ein offenes, dennoch nie öffentlich ausgesprochenes Geheimnis, daß selbst bis in die höchsten Ebenen politischer Entscheidungsträger Sterbefälle zu beklagen sind, die auf das Konto der Immunschwächekrankheit gehen - Und im politischen Diskurs findet sich ebenso die Tendenz zur Stigmatisierung und Marginalisierung der von HIV und AIDS Betroffenen. So macht Präsident Nujoma gern weiße Homosexuelle für die Ausbreitung von AIDS in Namibia verantwortlich: Während des Vietnamkriegs hätten ihm zufolge die USA den Killer-Virus als Teil eines biologischen Waffenprogrammes erschaffen. Sie hätten ihn dann an Homosexuellen erprobt, von denen einige mit Frauen geschlafen hätten. So entstand 5 The Namibian, 9. April 2001: President accuses Americans of creating HIV-AIDS. Das Problem an den zuvor gekennzeichneten Diskursmustern ist, daß sich aus dieser Art und Weise, wie in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen über HIV und AIDS gesprochen (oder besser nicht gesprochen) wird, aus diesem Klima, einschränkende Faktoren für den Kampf gegen die Epidemie ergeben: Das Tabu, das es nicht erlaubt, eine persönliche Betroffenheit zu formulieren, sorgt für eine Beschränkung der Fähigkeit, die individuelle Infektion, wie die gesellschaftlichen Auch in der staatlichen AIDS-Politik Namibias lassen sich dementsprechende Halbherzigkeiten ablesen, die einem offensiven Umgang im Wege stehen. Seit Anfang 2002 werden in den staatlichen Krankenhäusern in Katutura und Oshakati im Rahmen eines Pilotprogramms antiretrovirale Medikamente zur Verhinderung einer Übertragung von HIV von Mutter zu Kingere ausgegeben. Der Hersteller des Medikaments Nevirapine (auch als Viramune bekannt), die deutsche Firma Boehringer Ingelheim, stellt seit einiger Zeit das Medikament afrikanischen Regierungen kostenfrei und in unbegrenzter Menge (zur Verhinderung der Mutter-zu-Kind Übertragung) zur Verfügung. Mediziner sind sich darin einig, daß beim aktuellen Stand der internationalen medizinischen Forschung keine Pilotprogramme mehr nötig wären, um eine flächendeckende Mother-to-Child- Transmission-Prophylaxis (MTCTP) einzuführen. Die entsprechenden Erfahrungswerte existieren bereits - auch aus afrikanischen Ländern, wie dem benachtbarten Botswana, das bereits im Jahr 2000 begonnen hat, ein landesweites MTCTP-Programm einzuführen. Trotzdem meldet der „Namibian“ noch im September 2002 nur verhaltenen Fortschritt: In einem Bericht wurde dies u.a. auf geringe Resonanz unter den Patienten im Einzugsbereich von Windhoek zurückgeführt, während das Personal in Oshakati im Norden des Landes noch 6 Für einen neuen Versuch, diesem Schweigegebot zu begegnen, vgl. Gronemeyer/Rompel 2003.
7 Ohne medizinische Intervention wird das HI-Virus in rund einem Drittel der Fälle von der infizierten Mutterzum Kind übertragen.
8 The Namibian, 2. September 22002: Swapo urges Govt to up efforts on providing AIDS drugs. DerVollständigkeit halber sei erwähnt, daß nach einer Finanzzusage des Global Fund to Fight HIV/AIDS, Malariaand Tuberculosis, Ende Januar 2003, die namibische Regierung noch für die erste Jahreshälfte 2003 plant, die Auch andere gesundheitspolitische Optionen im Kampf gegen AIDS werden nur zögerlich umgesetzt: Anfang 2002 verkündeten Regierungsvertreter, daß nun ein antiretroviraler Medikamentencocktail (AZT, 3TC und Crixivan) für die sogenannte Post-Exposure Prophylaxis (PEP) zur Verfügung steht. Mittels dieser Behandlung (die Opfer für vier Wochen nach einer Vergewaltigung einnehmen müssen) kann eine HIV-Infektion des Opfers verhindert werden. Trotz allem werden die Medikamente bis zum heutigen Tag nicht eingesetzt und verbleiben in den Lagerräumen des Gesundheitsministeriums, weil die entsprechenden Anwendungsrichtlinien für ihren Einsatz fehlen und das Personal nicht entsprechend geschult ist.
Das Scheitern von AIDS-Kampagnen und die hohen Infektionsraten nur auf eine inadäquate Reaktion der lokalen Politik zurückzuführen wäre unangemessen und würde viel zu kurz greifen. Versuchen wir daher für ein tieferes Verständnis der Epidemiologie von AIDS, die sozialen Ursachen und Bedingungen der pandemischen Ausbreitung der Immunschwächekrankheit in Namibia in den Blick zu nehmen.
- Wissen die Afrikaner nicht, wie sich der Virus verbreitet? Das kann es nicht sein. An Präventionskampagnen mangelt es nicht: Plakate, Broschüren, Straßentheater, Aufklärungskurse, Radio- und Fernsehspots – die meisten Menschen in Namibia sind heute selbst in den ländlichen Bereichen über HIV/AIDS hinreichend aufgeknnoch greifen die Präventionskampagnen offenbar Warum also? Warum sind die Infektionsraten so hoch? Sind die Präventionskampagnen nicht optimal? Misstrauen die Afrikaner dem westlich- biomedizinischen Erklärungsmodell? Sind sie präventionsresistent? Ist es ihnen landesweite Ausweitung des MTCTP-Programms zu starten und außerdem eine antiretrovirale Therapie fürAIDS-Kranke in den staatlichen Krankenhäusern zu implementieren; Vgl. The Namibian, 28. Februar 2003:Govt to supply drugs to HIV patients.
10 The Namibian, September 2, 2002: Swapo urges Govt to up efforts on providing AIDS drugs;The Namibian, July 23, 2002: Govt dallies on AIDS drugs for rape victims; Vgl. auch Fußnote 8.
11 Für eine ausführliche Darstellung dieses Gedankengangs vgl. Gronemeyer (2002). 12 Wie eine ganze Reihe von Studien, die Einstellung und Verhalten zu erfassen versuchen (sog. KABP-Studien:"Knowledge, Attitude, Behaviour and Practise"), belegen können; Vgl. Witte et.al. 2003, Haoses/Van der Veen2000 and MHSS 2000. gleichgültig, ob sie infiziert werden? Ist die Ausbreitung vor allem eine Folge von Gewalt und Vergewaltigung? Ist die Anomie in diesen Gesellschaften so dramatisch, dass sich selbstmörderische Tendenzen ungehemmt ausbreiten können? Alle diese Fragen sind teilweise mit »Ja« zu beantworten. Präventionskampagnen setzen Körperkonzepte und Planungsgewohnheitenhanden sind – weder bei der ländlichen, noch bei der städtischen Bevölkerung. Bei einfachen wie bei ausgebildeten Menschen hält (neben dem biomedizinischen Modell, das jeder brav nachspricht) eine starke Bindung an traditionelle Auffassungen an (vgl. LeBeau 2003): Diese afrikanischen Vorstellungen folgen nicht unbedingt der Trennung von Sexualität und Fruchtbarkeit - gleichsam der Etablierung des Konsumguts Sexualität - , wie sie jede Präventionskampagne propagiert. Im Gegenteil, in manchen kulturellen Konzepten wird dem Austausch von Körpersäften, wie er beim Sexualverkehr stattfindet, heilsame Wirkung zugeschrieben oder dieser gar als notwendig und lebenserhaltend vorausgesetzt. Fraglos tragen darüber hinaus Gewalt, Vergewaltigung und die soziale Verwundbarkeit von Mädchen und Frauen zur Ausbreitung erheblich bei: Frauen und Mädchen haben gegenüber Lehrern und Verwandten oft nicht die Möglichkeit zu einem »Nein«. Die patriarchale Autorität wird – aus ihren Zusammenhängen gerissen – zu unverhüllter Brutalität mit tödlichen Folgen. Männer, die nach monatelanger Abwesenheit aus den Unterkünften, den „Compounds“ der Minen-Arbeiter zurückkehren, in deren Umkreis sie sich infiziert haben, bringen den Frauen im ländlichen Milieu den Virus mit.
Viele Ursachen kann man aufzählen, die zum Scheitern der Präventionskampagnen beitragen (vgl. auch Rompel 2002a), manche dieser Gründe sind nicht spezifisch afrikanisch: Auch in Europa misslingen bekanntlich Präventionskampagnen gegen Nikotin, Alkohol oder Bewegungsmangel. Es gibt aber auch Gründe, die in den besonderen kulturellen Gegebenheiten Afrikas liegen, um es erst einmal sehr allgemein zu formulieren. Diese besonderen Bedingungen werden systematisch 13 Es sei hier nur verkürzt festgehalten, daß die Präventionsidee selbst (die unter spezifischen kulturellen undhistorischen Bedingungen in westlichen Gesellschaften entstanden ist), auf das Engste mit westlichen Konzeptenvon Zeit, Zukunft und der Vorstellung vom rationalen und kontrollierbaren Zugriff auf die eigene Zukunft Darum ist es äußerst kurzschlüssig, die AIDS-Epidemie nur in ein medizinisches und präventionsorientiertes Muster einzuspannen. Die Frage nach der Ausbreitung von AIDS ist nicht zuerst eine medizinische Frage, sondern eine Frage nach den sozialen Bedingungen, die dem Virus seine schreckliche Durchsetzungskraft verschaffen. Die Bekämpfung von HIV/AIDS wird erst chancenreicher, wenn dieses soziale Umfeld der Epidemie zur Kenntnis genommen wird. Das ist der Wahrheitskern in den umstrittenen Thesen des südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki, der die Armut der afrikanischen Bevölkerung für die Epidemie verantwortlich macht. Man muss nicht wie Mbeki den Zusammenhang von HIV und AIDS bestreiten, aber dass der Virus sich in die zerstörten und aufgebrochenen Lebenswelten Afrikas einnistet und dort ideale Verbreitungsbedingungen findet – das ist nicht zu leugnen und steht auch nicht im Gegensatz zum biomedizinischen Erklärungsmodell. Unter Armut ist dabei nicht allein und nicht einmal zuerst der Mangel an Geld oder an Kalorien zu verstehen, sondern eben die Destruktion von Lebenszusammenhängen, von Familien, von kulturellen Traditionen. Die Moderne ist in afrikanische Lebenswelten eingeschlagen wie eine Bombe und die Trümmerlandschaft, die sich nun bis zum Horizont ausbreitet, ist der Nährboden für den Virus, für die Epidemie. Der Virus braucht Beschleunigung, Mobilität, zerbrochene Familienzusammenhänge, braucht Institutionen, in denen neue Verkehrsverhältnisse zwischen den Menschen gelten: Der Virus braucht Kasernen, Schulen, Universitäten, Gefängnisse, Einkaufszentren, bottle stores, Teerstraßen, LKW-Fahrer, Arbeitsmigranten. Kurz: Er braucht entlokalisierte und ent- traditionalisierte Verhältnisse, er braucht Promiskuität und Überlandbusse. Er lebt auf, wenn alte Autoritäten und Kontrollinstanzen kraftlos werden und durch erotischen Konsumismus ersetzt werden. Man kann die hohen Infektionsraten also als Folge eines brutalen Modernisierungsprozesses der letzten 150 Jahren beschreiben. Beginnend mit Kolonialisierung und Missionierung wurden die namibischen Gesellschaften „zivilisiert“ und mit den "Segnungen" der abendländischen Moderne überzogen.
Traditionelle Sozialformen wurden dabei zerstört, kulturelle Erzählstränge abgeschnitten. Diese Zerstörungsprozeße wurden gleichsam zur Grundlage für die verbunden ist. Es kann nicht zwingend vorausgesetzt werden, daß es sich hierbei um ein kulturelluniversalistisch vorfindbares Konzept handelt.
Das Koloniale- später das Apartheidsystem hatte einen Einfluß auf Familienstrukturen, den man sich kaum zerstörerisch genug vorstellen kann. Eine enorme Rolle spielte hierbei das relativ früh installierte Wanderarbeitssystem. Durch eine Serie von deutschen Kolonialgesetzen, die im folgenden von der südafrikanischen Apartheidregierung ausgebaut wurden, wurden Familien voneinander getrennt und Männer in die Lohnarbeit gezwungen. Kontrolle über Arbeitskraft war ein zentraler Fokus der meisten Apartheidgesetze (Hishongwa 1992: 12). Mobilität einzelner Subjekte jenseits ihrer autochthonen Lebenswelt wurde so erzwungen, dadurch lokale Gemeinwesen zerstört und Großfamilien zwischen ländlichen und städtischen Situationen zerrissen. Die Männer gingen über Wochen und Monate, manchmal Jahre, in die Städte, in Minen oder auf Großfarmen, um sich als Wanderarbeiter zu verdingen. Ihre Familien wurden – mittels einer ausgefeilten Paßgesetzgebung – abgehalten den Männern in die „weißen“ Siedlungsgebiete zu folgen. Die meisten Frauen wurden so gezwungen in den „Eingeborenengebieten“ (später „Homelands“) zu bleiben und hier eine doppelte Arbeitsbelastung, nämlich Hausarbeit und Subsistenzlandwirtschaft, zu bewältigen. Das Grundmuster dieser klassische Form der Wanderarbeit hat sich bis heute als Wirtschaftsweise erhalten. In den allermeisten ländlichen Familien findet man wenigstens einen Mann, der in einem städtischen Zentren (Windhoek, Walvis Bay etc.) arbeitet. Ein übriges für die Zerrüttung von subsistenten sozialen Bezügen im Norden Namibias tat der von 1966 bis zur Unabhängigkeit im Jahre 1990 andauernde Befreiungskrieg der heutigen Regierungspartei SWAPO gegen die südafrikanische Armee im Territorium des damaligen Ovamboland (der heutigen vier „O-Regionen“: Oshana, Ohangwena, Oshikoto und Omusati, gelegen zwischen angolanischer Grenze und Etosha-Nationalpark). Es fällt nicht schwer sich vorzustellen, welchen Einfluß ein Bürgerkrieg auf die Entwicklung eines Soziallebens hat. Die geschilderten Faktoren können also für die Zerstörung althergebrachter Verhaltensmuster, Wertvorstellungen und subsistenten Sozial- und Wirtschaftsformen verantwortlich gemacht werden. Sie stellen die Basis für die dramatische Ausbreitung von AIDS in Namibia dar. Folgt man diesen Überlegungen, so sind die Anschuldigungen von Präsident Nujoma zur Verursachung von HIV (s.o.) - auf einer metaphorischen Ebene - in der Tat richtig: Die massive Ausbreitung von AIDS kann nur erklärt werden mit der Erosion von afrikanischen Lebenswelten durch Missionare, Man könnte einwenden: Wenn es so ist, dann müsste HIV/AIDS in den westlichen Zivilisationen besonders erfolgreich sein. In der Tat könnten die Ausbreitungs- bedingungen für den Virus kaum idealer sein als in den radikal-modernen Gesellschaften des Westens. Aber dort entspricht der Auflösung aller alten Lebensverhältnisse ein exzessiver Individualismus, eine Bereitschaft zur Selbst- überwachung und Körperkontrolle, die den Virus bremst. Man hat sich dort an die Kälte der Lebensverhältnisse so gewöhnt, dass nur wenige den Imperativ zur Selbstüberwachung noch vergessen können. Eben das ist die afrikanische Trägödie, die HIV/AIDS zutage bringt: Die Zerstörung der alten Lebenszusammenhänge schreitet geschwind voran, aber die Menschen sind gewissermaßen verwirrend altmodisch: Sie sind noch keine radikalisierten Monaden, sondern denken und leben in – wenn auch verwirbelten – familialen und sozialen Zusammenhängen. Sie haben noch nicht gelernt, Leben als eine von Versicherungspolicen getragene Planungsaufgabe zu verstehen, Kinder werden nicht als Bedrohung des Lebensstandards gesehen, die Gegenwart ist noch nicht der Zukunft zum Opfer gebracht. Kurz: Die Kälte bürgerlicher Lebensverhältnisse hat sich noch nicht umfassend durchgesetzt. Weil in Afrika die überhitzte Moderne nicht mit der erforderlichen individuellen Planungskälte kombiniert wird, kann der Virus ein apokalyptisches Massensterben bewirken. AIDS hat nicht nur soziale Folgen, sondern – so muss man sagen – ist eine soziale Folge.
AIDS ist die Folge einer Moderne, die in Afrika Älteres zerstört und allerlei glitzernde Geschenke auf den Markt wirft. Die wie ein Fuchs im Hühnerstall erst einmal alles, was da flattert, totbeißt, obwohl sie so viel gar nicht fressen kann. Mit den überlebensnotwendigen Gegenmitteln aber sind die Afrikaner nicht ausgestattet. Das macht sie anfällig – auch für den Virus. So wird für die Experten aller Couleur ein defizitärer Afrikaner sichtbar: "Die Afrikaner können noch nicht ." Wer so durch die Brille der Modernisierung schaut, bekommt afrikanische Defizite – als ein generelles Aber drehen wir den Spieß einmal um: Man stelle sich vor, die europäischen Gesellschaften wären damit konfrontiert, dass ein Drittel der Erwachsenen, besonders die Jüngeren, vom Virustod bedroht wären: Es bräche wohl eine allgemeine Panik und Hysterie aus. Ist es ein Ausdruck für Fatalismus, dass dies in Afrika nicht so ist? Oder verweist diese Tatsache - ex negativo – auf eine ungeheure Kraft dieser Gesellschaften, auf einen Strom des Lebens, auf einen Reichtum, der in Europa längst versiegt ist? Und liegt in dieser Kompetenz, mit Katastrophen umzugehen, vielleicht auch eine bisher übersehene Fähigkeit zur Überwindung der Epidemie? Tausende von AIDS-Waisen finden Unterkunft bei Verwandten Angehörigen gepflegt, es wird das Essen geteilt und für sieche Familienmitglieder Raum in der kleinen Vorstadthütte gemacht. Auch unter schwierigsten finanziellen Bedingungen wird immer noch für eine würdige Beerdigung gesorgt. Selbst wenn Teller und Trinkgefäße zusammengeliehen werden müssen, findet doch ein Leichen- schmaus statt. Würde es diese überwältigende Fähigkeit zur Eigenhilfe nicht geben, würde dies alles in Dienstleistungen umgewandelt und umgerechnet, dann stünden die Staaten Afrikas vor einer unermesslichen sozialen und finanziellen Katastrophe, die sich zentnerschwer auf die AIDS-Katastrophe legen würde, und so den Druck auf die Der Schrei nach Hilfe wird lauter, weil es zu viele Waisen sind, zu viele Kranke, zu viele (Klein-)Verdiener, die sterben, zu viele Frauen, die nicht mehr die Kraft haben, das Feld zu bestellen. So wird durch die AIDS-Katastrophe auch noch einmal das in vielen Entwicklungsdekaden gestanzte Muster verstärkt, das Afrikaner als Opfer wahr nimmt, die nur noch als belieferungsbedürftiges Mängelwesen gesehen werden (vgl.
Illich 1988). Die Lieferanten sind nun allerdings nicht mehr Landwirtschaftsexperten, sondern Ärzte und Präventionsfachleute. Die starken, wenn auch nicht zutage liegenden sozialen Kompetenzen der Afrikaner und der wenig spektakuläre Strom der Eigenhilfe geraten dabei aus dem Gesichtsfeld.
Die HIV/AIDS-Epidemie ist dazu geeignet, den Blick auf den Reichtum (afrikanisch-) 14 Namibia hat heute 82.000 AIDS-Waisen, im Jahre 2018 sollen es 200.000 sein - und dies bei einerGesamtbevölkerung von 1,8 Millionen Menschen. The Namibian, 3. Dezember 32002: Brave orphans carry the namibischer Kultur und Tradition endgültig zu verdecken und diesen Reichtum zu vernichten, weil diese Traditionen – die den Modernisierern schon immer ärgerliche Barriere waren – nun als Präventionshindernisse definiert werden. Sie sind es ja in gewisser Weise auch. Damit droht der Kampf gegen HIV/ AIDS zur Vernichtungswaffe gegen alles Afrikanische zu werden. Ein eiskalter Triumph der Moderne: Wer sich angesichts der tödlichen Infektionsdrohung nicht dem Diktat der westlich-biomedizinischen Interpretation beugt, sondern an alten Vorstellungen festhält, stirbt. So verdankt sich der Siegeszug von HIV/AIDS einerseits der Moderne, die ideale Ausbreitungsbedingungen geschaffen hat und andererseits schickt sich HIV/AIDS an, diese Moderne final durchzusetzen, weil mit der Tradition Verhaltensweisen verknüpft sind, die lebensgefährlich geworden sind. Wer zum Beispiel noch an der Verbindung von Sexualität und Fruchtbarkeit festhält, lebt riskant. Eine Dialektik des Helfens tritt so im Krieg gegen HIV/AIDS scharf zutage: Die Rettung der Bedrohten scheint den Krieg führenden Experten nur möglich um den Preis, dass alles Eigene, das afrikanische Selbst, ausgebrannt wird. Damit wird ein Prozess vollendet, der mit der Predigt der Mission begonnen hatte und sich in den kolonialen Disziplinierungen (vgl. Gronemeyer 1991) und in den Erziehungsmaßnahmen der Entwicklungsepoche fortsetzte. Der physischen Vernichtung vieler Afrikaner durch HIV/AIDS folgt – als Nebeneffekt des Krieges gegen AIDS - die Vernichtung der überlebenden kulturellen Kräfte auf dem Fuß. Wir argumentieren also, daß Mission, Kolonialismus, Befreiungskrieg und Entwicklungsdekaden – Summa: der Prozess der Modernisierung - in Afrika die Voraussetzungen für den Erfolg der Epidemie geschaffen haben. Nur eine radikale Durchsetzung und Perfektion dieser Modernisierung kann – so wird mehr oder weniger offen gesagt - der Ausbreitung der Epidemie Einhalt gebieten. Aber das eben ist nicht alles, sonst könnte man diesen Prozess der Gleichschaltung ja noch als unvermeidlich und immerhin lebensrettend hinnehmen. Die Modernisierung – man könnte auch von Globalisierung sprechen – gewinnt ja in Afrika vor allem in ihren zerstörerischen Folgen Gestalt und viel mehr als diese Zerstörung scheint sie nicht zu geben. Sie nimmt die Subsistenz, die Fähigkeit sich selbst zu ernähren, sich selbst zu behausen, sich selbst zu bilden und sich selbst zu heilen (Gronemeyer/Rakelmann/Rompel 2002; Rompel 2002(c)). Sie zerstört traditionelle Autoritäten, sie ruiniert erfolgreiche Formen sozialer Kontrolle, sie zerschmettert vor allem den familialen Lebenszusammenhang.h übrig ist, hält diese Gesellschaften unter den Bedingungen der HIV/AIDS-Katastrophe über Wasser. Aber aus der Zerstörung erwachsen immer schneller Desorientierung, Anomie und Gewalt, Vereinzelung und das Zerbröckeln traditioneller sozialer Netze. Die Moderne in Afrika nimmt, ohne zu geben. Für die meisten Afrikaner bleiben die Versprechungen der Moderne Versprechungen, die nicht eingelöst werden. Bedürfnisse werden geweckt, aber nicht befriedigt. Für die meisten Menschen im Südlichen Afrika sinken Lebensstandard und Lebensqualität. Allgegenwärtig aber sind die unerfüllbaren Bedürfnisse. They will fuck for a coke, sagt ein Präventionsexperte. In vielen traditionellen Gemeinschaften, wie beispielsweise in den Oshiwambo-sprachigen Gruppen in Nordnamibia waren die Mädchen bis zum Reifefest (der "efundula" tabu. Heute fahren die „sugar-daddies“ mit dem Auto auf den Universitäts-Campus und laden sich Mädchen ein, die infiziert und zu Tode verwundet zurückkommen.
So befinden sich die Gesundheitskrieger – die Mediziner, die Präventionsexperten, die AIDS-Counseller und die Fachleute für Home-Based-Care - in einem Dilemma. Das heimliche Vorbild der Gesundheitskrieger ist eine Mischung aus Albert Schweitzer und medizinisch-pharmazeutischem Samariter. Aber das ist Etikettenschwindel. Denn das Dilemma der Gesundheitskrieger ist, dass die Medizin in Afrika gegen AIDS fast nichts auszurichten vermag. Während inmitten der Katas- trophe die Ärzte die einzigen Retter und Helfer zu sein scheinen, stehen sie doch mit leeren Händen da. Während das westliche Medizinmodell die Krankheit zu erklären 15 Um nicht mißverstanden zu werden: Uns geht es hier nicht um einen romantisierenden Blick zurück oder umeine (ohnehin unmögliche) Wiedererrichtung des Alten. Die althergebrachte Ordnung war sicher alles andere alsidyllisch - aber sie hätte (hat) zumindest ein Phänomen wie die pandemische Ausbreitung von HIV/AIDSunmöglich gemacht.
Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Debatte um das biologische Alter des HI-Virus: Virologen gehen -aufgrund von Untersuchungen an der Struktur von HIV - davon aus, daß es das Virus durchaus schon seit mehrals 70 Jahren geben könnte; in einer eingefrorenen Blutprobe aus dem (damaligen) Belgisch-Kongo(Leopoldville; heute Kinshasa, DR Kongo) aus dem Jahre 1959 konnte das HI-Virus isoliert werden (Science1998/279, February 6: p.801; Nature 1998/391: p.594-597). 16 Vgl. Tönjes 1911; Interview NAM.2/I/28x (2003).
vermag, kann es doch nicht heilen - selbst die im Westen existierende antiretrovirale Kombinationsbehandlung ist im afrikanischen Kontext (noch) nicht finanzierbar (vgl.
Anm. Verweis auf ein Stück Gummi ist da vorderhand nichts, was die Gesundheitskrieger zu bieten haben. Das gibt sie in gewisser Weise der Lächerlichkeit preis, was die Wut des Machens notwendig steigert. Und was geradezu zwangsläufig dazu Anlass gibt, den uneinsichtigen Afrikanern die Schuld für ihr Unglück zuzu- schieben. Während die Medizin angesichts der Katastrophe ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt, stehen die Helfer doch hilflos da. Aber das (zumindest partielle) Scheitern der medizinisch-präventiven Vorgehensweisen zwingt dazu, über dieses Mißlingen nachzudenken. Die hastige Beseitigung des »Afrikanischen« zugunsten moderner Verhaltensweisen unter dem Diktat westlicher Interventionen könnte die Krise noch verschärfen. Ein Beispiel: Wer ein flächendeckendes staatliches Home-Based-Care Programm entwirft, entwickelt und implementiert, der wird viel Leid verringern. Er bricht aber auch in das Areal jener selbstverständlichen unspektakulären Hilfe ein, die im afrikanischen Alltag noch allgegenwärtig ist und entwertet sie; er verringert die Fähigkeit der Menschen sich selbst zu helfen, indem diese Verantwortung an Institutionen abgeben, er schafft auf lange Sicht neue Nachfrage nach Home-Based-Care, eine Nachfrage, die so lawinenartig anschwellen muss, dass sie nicht mehr befriedigt werden kann. Das kann Es sind zahlreiche Modernisierungsfaktoren, die für die erschreckend hohen HIV- Prävalenzraten verantwortlich sind: Geographische und soziale Mobilität (Wanderarbeit), das Wegbrechen von normativen Handlungsmustern und Wertvorstellungen, Wissensverlust (z.B. in der Subsistenzlandwirtschaft), wachsende Individualisierung, die Auflösung traditioneller Familienstrukturen und Geschlechterrollen, und damit einher gehende Anomie-Phänomene (wie Gewalt im sozialen Nahbereich, Vergewaltigungen, Unterdrückung und Mißbrauch von Frauen und Kindern, Alkoholismus, zunehmende Selbstmorde) etc. Wir haben versucht zu zeigen, daß AIDS eine sehr moderne Seuche ist, da sie an die sozialen Rahmenbedingungen der heutigen Lebensweisen im Südlichen Afrika angepaßt ist - ja nur aufgrund derer eine so erschreckende Dynamik entwickeln kann.
Die individuelle Krankheit AIDS, so könnte man formulieren, ist in diesem Ausmaß, wie sie in Namibia beobachtet werden kann, nur denkbar aufgrund einer gesellschaftlichen und kulturellen Immunschwäche (vgl. Rahnema 1997). Und in der Tat finden sich in Namibia höchsten Prävalenzraten gerade dort, wo die sozialen und kulturellen Bindungen am schwächsten sind: In den städtischen Wachstumsregionen (MHSS 2001b). Der Großteil der namibischen Bevölkerung wohnt zwar weiterhin im ländlichen Bereich, aber ein zunehmender Teil dieser ruralen Bevölkerung drängt in die Städte. Insbesondere jüngere Leute begeben sich auf der Suche nach Arbeit und Sinn auf den Weg in die städtischen Zentren. Die subsistente Lebensweise ihrer Großeltern wollen sie nicht mehr teilen. Das Ergebnis dieser Migrationsbewegung sind rasant wachsende Squattercamps an den Ausläufern von Die Tatsache, daß die hohen HIV-Prävalenzraten als eine Folge von Modernisierungsprozessen verstehbar sind, beinhaltet die tragische Wahrheit, daß Namibia nach Jahrzehnten der kolonialen Fremdbestimmung eben nach den ersten freien Wahlen 1989 und der Unabhängigkeit 1990 nicht in eine frei gestaltbare Zukunft entlassen wurde, sondern die Bürde der kolonialen Einflüsse auch weiterhin Eine entscheidende Frage hierbei ist, wie Politik dieser Herausforderung begegnet.
Eine neuere Tendenz, die sich beobachten läßt, ist die Flucht in einen Traditionalismus - der Versuch das lokale und afrikanische mit aller Kraft gegen Außeneinflüsse abzuschotten. So veranlasste Präsident Nujoma jüngst das staatliche Fernsehen NBC, das nach der letzten Kabinettsumbildung im August 2002 unter seiner unmittelbaren Kontrolle steht, die Ausstrahlung von ausländischen Filmen und Serien zu stoppen.
Diese Sendungen übten einen "schlechten Einfluß auf die Jugend in Nami Doch diese Außeneinflüsse haben das Immunsystem der namibischen Gesellschaft längst infiziert und in Mitleidenschaft gezogen. Es gibt kein zurück - zumindest keines, daß von oben angeordnet werden kann.
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Source: http://www.w-baar.de/k/elcap/politikkulturaids.pdf

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O advento de medicamentos antidepressivos tornou a depressão um problema médico, passível de tratamento. Nas últimas cinco décadas, a psicofarmacologia da depressão evoluiu muito e rapidamente. Os primeiros antidepressivos – os antidepressivos tricíclicos (ADTs) e os inibidores descobertos através da observação clínica. Os ADTs apresentavam boa eficácia devido à sua ação, aumen

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